Konflikte im Ehrenamt als Potenzial für demokratische Lernprozesse
Neue Perspektiven für die Stärkung ehrenamtlicher Integrationsarbeit in Bautzen.
Städte sind schon immer Orte der Zuwanderung in denen sozialheterogene Gruppen aufeinandertreffen. Die vermehrte Zuwanderung Geflüchteter der letzten Jahre scheint in Städten wie dem sächsischen Bautzen immer wieder Anlass für aufkommende Konflikte zu sein. In diesen Konflikten geraten ausgerechnet jene zwischen die Fronten, die sich freiwillig um die Unterstützung der Zugewanderten kümmern: die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer. Sie vermitteln zwischen den Geflüchteten, den Ämtern und der angestammten Bevölkerung. Sie sind der Kritik von Teilen der Bürgerschaft ausgesetzt, die Zuwanderung ablehnen und sie erleben selbstkonflikthafte Momente in der Arbeit mit Geflüchteten und Verwaltungsstrukturen. Ehrenamtliche haben daher wie kaum eine andere Gruppe Einblicke in die entstehenden lokalen Konfliktdimensionen, deren Ursachen und Folgen. Dies ist einerseits eine hohe Belastung, es ist andererseits auch eine wertvolle Ressource, die wir in den Mittelpunkt unseres Projektes stellen wollen, denn Konflikte sind immer auch Anlass zur Auseinandersetzung und zu Veränderung.
Während Konflikte im Allgemeinen negativ besetzt sind und der offene Umgang mit ihnen oft vermieden wird, betont die soziologische Konflikttheorie die produktive Seite von Konflikten, die wir als konstitutives Moment sozialen Wandels und somit als Chance für Lernprozesse und institutionellen Wandel begreifen. Wichtig ist dabei, Konflikte, in denen vordergründig Migration ein Auslöser zu sein scheint, im Kontext zu verstehen. Wir gehen davon aus, dass Konflikte soziale Konstruktionen sind, die multiple Ursachen und komplexe Hintergründe haben. Insofern liegen in jeder Stadt und Gemeinde eigene Konflikt- und Problemkonstellationen vor, die zunächst differenziert erkannt und benannt werden müssen, um einen produktiven Umgang mit ihnen zu gestalten.
Das Ziel des Projekts ist es, im Verbund mit den Akteuren vor Ort (Ehrenamtliche, Stadt Bautzen, Vereine, Geflüchtete) und mit Wissenschaftlern der FH Erfurt Maßnahmen zu entwickeln, umzusetzen und zu evaluieren, die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern in Bautzen unterstützen können und zur interkulturellen Öffnung der ehrenamtlichen und hauptamtlichen Strukturen in der Stadt beitragen.
Das Projekt arbeitet mit dem Kompetenzzentrum Kommunale Konfliktberatung des Vereins zur Förderung der Bildung – VFB Salzwedel e.V. in dessen Projekt „Aushandlungsräume in der Stadt Bautzen entwickeln“ zusammen.
Wir streben an, Synergien zum vom BMBF geförderten Projekt MigraChance (Migrationsbezogene Konflikte als Herausforderung und Chance für institutionellen Wandel in groß- und kleinstädtischen Kontexten) herzustellen, dessen Koordination seit Mai 2018 an der FHE angesiedelt ist.
Die Projektkoordination liegt bei der FH Erfurt unter der Leitung von Prof. Katrin Großmann und der Mitarbeit von Sven Messerschmidt. Die FHE koordiniert und moderiert den Gesamtprozess der Arbeit zwischen PraxispartnerInnen sowie das Zusammenspiel mit dem Partnerprojekt MigraChance.
Praxispartner: Stadt Bautzen, Steinhaus e.V.
Partnerprojekt: MigraChance
Fördermittelgeber: Sächsische Aufbaubank (SAB)
Förderprogramm: Integrative Maßnahmen - Teil 1 - Maßnahmen in den Bereichen Integration, Partizipation und gesellschaftlicher Zusammenhalt
Das Projekt ist auf drei Jahre ausgelegt mit einer Fördersumme von insg. 176.235,96 €.
Webiste mit den Forschungsergebnissen: https://im-gespraech-mit-bautzen.de